
Stefan Niederwieser und Co-Host Robert Stadlober beleuchten hundert ikonische Songs und ihr Eigenleben: ein Abschiedslied aus Chile wird zur Hymne von Protestbewegungen rund um den Globus; ein Protestlied wird zur Hymne von Sportfans; oder ein Lied übers Tanzen wird zu einer feministischen Hymne, selbst über den eigenen Körper zu bestimmen. Expertinnen und Experten erzählen die Geschichte von Revolutionen, Riots und Reformen, von Unruhen und Umbrüchen, von Kämpfen, Krisen und Konflikten, vom Wandel, Wenden und Zeitenwenden. Weitere Infos: https://oe1.orf.at/100songs
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"I Feel Love" - Donna Summer (Deutschland, 1977)
Im Sommer 1975, so war in einer berühmten New Yorker Disco-Kolumne zu lesen, habe man über kaum etwas so oft gesprochen wie über Donna Summers 17-minütiges "Love to Love You Baby" - ein Import aus dem fernen München. Die Stadt war im Zuge der Olympischen Spiele 1972 umfassend modernisiert worden. Donna Summer sang dort zunächst in Musicals, bevor sie im Studio des jungen Südtirolers Giovanni Giorgio Moroder aufnahm. Zwei Jahre später markierte "I Feel Love" (1977) einen Wendepunkt in der Geschichte der Popmusik: Der Song gilt als Geburtsstunde der elektronischen Tanzmusik. Summers sinnlicher Gesang traf auf ein Arrangement, das nahezu vollständig auf modularen Synthesizern basierte - eine radikale Abkehr vom üppigen, orchestralen Disco-Sound der Zeit. Diese Folge wurde in Ö1 am 8. 09. 2025 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von Ö1:Playlist und Literaturliste zum Podcast

"Peremen! (Changes!)" - Kino (Sowjetunion, 1986)
"Peremen!" forderte Kino-Sänger Wiktor Zoi im Jahr 1986. In der Sowjetunion konnte das früher Gefängnis bedeuten. Doch Michail Gorbatschow hatte bei seinem Amtsantritt als Staatsoberhaupt der Sowjetunion Offenheit und Umbau (Glasnost und Perestroika) versprochen. Der Song "Peremen!" verband eingängige New-Wave-Gitarrenriffs mit minimalistischer Rhythmik. Der Refrain "Wir warten auf Veränderung!" wurde dabei zum kämpferischen Slogan einer jungen Generation. Der Song verbreitete sich über Mixtapes, wurde auf illegalen Konzerten gespielt und gelangte zuletzt auf die großen Bühnen der UdSSR - trotz der Skepsis der Behörden gegenüber der wachsenden westlich-geprägten Rockszene. Noch heute wird "Peremen!" bei Protesten in Russland oder Weißrussland gespielt. Diese Folge wurde in Ö1 am 9. 09. 2025 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von Ö1:Playlist und Literaturliste zum Podcast

"Unfinished Sympathy" - Massive Attack (UK, 1991)
In den späten 1980ern mischten sich in der britischen Hafenstadt Bristol auf einzigartige Weise Reggae, Dub, Hip Hop mit Punk-Ethos, elektronischen Sounds, Samples und dem Handwerk einer erstklassigen Musikuniversität. Während der Rest des Landes auf eine Antwort auf amerikanischen Grunge wartete - der als Britpop bekannt werden sollte - entstand in der relativen Abgeschiedenheit von Bristol elektronische Musik, die für die Zeit nach dem Club gedacht war. 1991 - kurz nach Zusammenbruch des Ostblocks - formuliert der Song "Unfinished Sympathy" eine sehnsüchtige, opulente Offenheit - ohne klassischen Refrain, ohne klassische Bassfigur. Stattdessen schwillt ein Orchester an und ab, während eine soulige Frauenstimme von ihren Leiden erzählt. Diese Folge wurde in Ö1 am 10. 09. 2025 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von Ö1:Playlist und Literaturliste zum Podcast

"Formation" - Beyoncé (USA, 2016)
"Formation" war der kämpferische Auftakt zu Beyoncés visuellem Album "Lemonade", das sich als komplexe Hommage an die Geschichte, Traumata, Spiritualität und Widerstandskraft schwarzer Amerikanerinnen und Amerikaner verstand. Das Video zu "Formation" wurde einen Tag vor dem 50. Super Bowl veröffentlicht. Diese Folge wurde in Ö1 am 11. 09. 2025 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von Ö1:Playlist und Literaturliste zum Podcast

"Coimbra" - Amália Rodrigues (Portugal, 1952)
In Coimbra steht die zweitälteste Universität Europas, zeitweise residierten dort die portugiesischen Könige und im 20. Jahrhundert lehrte Antonio Salazar hier Ökonomie, bevor er in den 1930er Jahren zum Diktator Portugals aufstieg. In Coimbra entstand ein Gegenentwurf zum Fado aus der Hauptstadt Lissabon. Die Gitarren waren größer. Und statt über vergebliche Liebe wurde öfters über die Zumutungen der Welt an empfindsame Seelen gesungen. Die Fado-Sängerin Amalia Rodrigues aus Lissabon setzte dieser Schule des Fado mit ihrer Interpretation von "Coimbra" ein Denkmal. 1951 nahm sie den Song auf, 1952 erschien er auf Vinyl. Die Stadt Coimbra wird in diesen Jahren unter Diktator Salazar ausgebaut, Portugal tritt der Nato und der UNO bei, bleibt aber bis in die 1970er Jahre eine Diktatur. Diese Folge wurde in Ö1 am 02.06. 2025 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von Ö1.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"Sukiyaki" - Kyu Sakamoto (Japan, 1961)
"Sukiyaki" ist der einzige Song aus Japan, der jemals eine Nummer Eins in den USA war. Ein britischer Radio-DJ hatte sich den einfach zu merkenden Titel einfallen lassen, der nichts mit dem Inhalt des Songs zu tun hat. Der Song beschreibt die ambivalenten Gefühle eines Mannes, der sich nicht von seiner Traurigkeit übermannen lässt, seinen Kopf hoch hält und weiter geht. Der Text wurde 1960 von Rokusuke Ei geschrieben, der eines Abends von den größten Protesten heimkam, die Japan im 20. Jahrhundert erlebt hatte. Hunderttausende Menschen demonstrierten gegen die Militärpräsenz der USA in Japan. Die Proteste scheiterten. Damit scheiterten die Bemühungen um eine stärkere Neutralität. Japan war damit allerdings zurück auf der Weltbühne. Diese Folge wurde in Ö1 am 03.06. 2025 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von Ö1.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"Wonderwall" - Oasis (UK, 1995)
In den 1990er Jahren entwickelte sich im Vereinigten Königreich rasch eine Alternative zu US-amerikanischem Grunge, die bald Britpop genannt wurde.Das Land rückte in die politische Mitte, wo Tony Blair seine New Labour Party seit 1994 positioniert hatte. Britpop bereitete diesen Wandel mit vor. Unter dem Schlagwort 'Cool Britannia' verbreiteten sich britische Musik, britische Kunst und der Union Jack wieder bis an die Ränder des ehemaligen Empires. Die größte Band dieser Zeit - und die Band mit der größten Klappe - war Oasis. Und ihr Hit über eine Person, einen Mann oder eine Frau, die den Protagonisten doch retten möge. Diese Folge wurde in Ö1 am 04.06. 2025 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von Ö1.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"Regenbogenfarben" - Kerstin Ott, Helene Fischer (Deutschland, 2018)
In den 2010er Jahren wurde in immer mehr west- und mitteleuropäischen Staaten die "Ehe für alle" gesetzlich verankert. Im Film, in der Kunst, im Pop und R'n'B waren schwule, lesbische und langsam auch trans- und non-binäre Künstler:innen Normalität. Im deutschen Schlager und der Volksmusik dauerte es, bis sie wirklich willkommen waren. 2018 konnte man im Video zu "Regenbogenfarben" von Berliner Schlagersängerin Kerstin Ott sehen, wie sie ihre Frau küsst und ein lesbisches Paar Hochzeit feiert. Im Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit kam der Song in einer Version mit Deutschlands größtem Schlagerstar Helene Fischer für ihre Fernseh-Weihnachtsshow an. Diese Folge wurde in Ö1 am 05.06. 2025 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von Ö1.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"The Third Man Theme" - Anton Karas (Österreich, 1949)
Die Saiten schwingen sanft im Rhythmus einer Melodie. Und sie füllen die Leinwand aus. Mit diesen Bildern beginnt der britische Film Noir "Der Dritte Mann" im Jahr 1949. Wien erklingt. "Gab es je einen Film" - so beginnt der legendäre Filmkritiker Roger Ebert einen Text, "dessen Musik perfekter zur Handlung passte als im Dritten Mann?". Der Klang ist fröhlich, schrieb er, aber ohne Freude, wie ein Pfeifen im Dunkeln. Die Musik zum Film wurde von dem Wiener Zitherspieler Anton Karas in London geschrieben und eingespielt, sie wurde zur ersten Nummer-Eins eines Österreichers in den Vereinigten Staaten, wo sie sich elf Wochen lang hielt, und führte zu einem Zither-Boom. Diese Episode wurde in Ö1 am 5.05. 2025 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von oe1.ORF.at.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"What's Going On" - Marvin Gaye (USA, 1971)
Motown Records aus der Autostadt Detroit, Michigan, wurde in den 1960er Jahren zum Inbegriff des sozialen Aufstiegsversprechens für die schwarze Bevölkerung in den USA. Das Label fertigte hochwertige Musik en masse an. Als der Motown-Star Marvin Gaye ein Konzeptalbum mit überlangen Songs aus Sicht eines Vietnamkriegsveteranen schreiben wollte, soll Labelchef Berry Gordy gesagt haben, es wäre das Schlimmste, was er je gehört hat. Marvin Gaye konnte sich letztlich durchsetzen. Auf dem Album "What's Going On" war die politische Paranoia der konservativen Nixon-Jahre deutlich zu spüren, während die Slogans von Liebe durch urbane Gewalt, verarmte Innenstädte, sauren Regen und Rassismus immer deutlicher in Frage gestellt wurden. Diese Episode wurde in Ö1 am 6.05. 2025 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von oe1.ORF.at.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"I'm 16" - Ros Serey Sothea (Kambodscha, 1972)
Der König von Kambodscha wollte seinem Land die Moderne und Wohlstand bringen - in Äquidistanz zu den beiden großen Machtblöcken in der Welt. Er versuchte sein Land in die Neutralität zu führen und verlor dabei zusehends die Unterstützung linker und rechter Kräfte in Kambodscha. Dabei ließ er auch westliche Kultur fördern. Eine besonders dramatische Stimme gehörte Ros Serey Sothea. Sie wurde zum Aushängeschild einer neuen Zeit. Doch Kambodscha wurde zusehends in den Kampf von Ost gegen West hineingezogen. 1970 wurde der König gestürzt, 1975 übernahmen die Roten Khmer nach einen blutigem Bürgerkrieg die Macht, in dessen Wirren auch Ros Serey Sothea getötet wurde. Diese Episode wurde in Ö1 am 7.05. 2025 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von oe1.ORF.at.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"Smells Like Teen Spirit" - Nirvana (USA, 1991)
1991 ist das Ende der Geschichte angebrochen. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben den Kalten Krieg gewonnen und Kapitalismus war mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem Massaker am Platz des Himmlischen Friedens neuerdings die einzige Ideologie, die die Welt formen konnte. "Here we are now, entertain us", singen Nirvana aus dem kalten Nordosten Amerikas, aus Aberdeen. Wenige Songs ließen die Popmusikgeschichte in ein Vorher und ein Nachher zerfallen. Wenn sich die ironisch-zynische Generation X auf einen Song reduzieren lassen würde, es wäre dieser. Nirvana wurden zur Stimme einer neuen Zeit hochstilisiert - einem Ruf, dem sich insbesondere Sänger Kurt Cobain vergeblich zu entziehen versuchte. Diese Episode wurde in Ö1 am 8.05. 2025 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von oe1.ORF.at.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"Surfin' USA" - Beach Boys (USA, 1963)
Die Bevölkerung von Kalifornien wuchs in zwei Jahrzehnten auf das Doppelte an. Und im Sommer 1961 veranstaltete Dick Dale erstmals in einem großen Ballsaal an einem Strand nahe Los Angeles sogenannte Stomps. Sie wurden zur Keimzelle von Surf-Musik wie auch dem filmischen Genre der Beach Partys. Die Beach Boys verdankten dieser Freizeitkultur ihre ersten Hits. Die Beach Boys galten in der instrumentalen Surfszene zunächst als Außenseiter. Ihre Hits aber - zunächst Surfin, dann Surfin Safari und 1963 dann Surfin USA - katapultieren die Subkultur ins nationale Rampenlicht. Eine Eigenproduktion des ORF, gesendet in Ö1 von 07. 04.-10.04. 2025.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"Sailing" - Christopher Cross (USA, 1980)
1980 waren Ronald Reagan, Margaret Thatcher und Deng Xiaoping frisch an der Macht. Die zweite Ölpreiskrise - eine Folge der islamistischen Revolution im Iran - hatte kurz zuvor Schockwellen durch die Weltwirtschaft geschickt. In den USA waren Arbeitslosigkeit und Inflation hoch. Und der Texaner Christopher Cross sang, dass das Paradies nicht mehr weit wäre. Auf "Sailing" tragen Wind und Segel das lyrische Ich ins Nimmerland. Bald wird es frei sein, hieß es. Christopher Cross gewann auf Anhieb fünf Grammys, darunter die großen drei für den Song, das Album und die Aufnahme des Jahres. Diese Episode wurde in Ö1 am 4.04. 2025 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von oe1.ORF.at.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"Waka Waka" - Shakira (Kolumbien, 2010)
Südafrika war 2010 Schauplatz der Fußball-Weltmeisterschaft. Für den offiziellen Song der Weltmeisterschaft griff ein US-amerikanischer Produzent für die kolumbianische Sängerin Shakira auf eine südafrikanische Band und einen Song aus Kamerun zurück. "Waka Waka" beruhte auf "Zangaléwa", einem Song, der vor allem bei Soldaten, der Polizei und bei Paraden in Kamerun beliebt war. Die Urheber wurden erst verständigt, nachdem viele Menschen online auf seine Ursprünge hingewiesen hatten.In Südafrika selbst hielt man Shakira nicht unbedingt für die beste Überbringerin einer panafrikanischen Botschaft. Bald schon wurde "Waka Waka" aber mit seinem globalisierten Pop-Sound und seinem fast naiven Optimismus zum erfolgreichsten Song eines Fußball-Turniers. Diese Episode wurde in Ö1 am 7.04. 2025 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von oe1.ORF.at.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"Oblivion" - Grimes (Kanada, 2012)
2012 trieb die kanadische Sängerin Grimes mit ihrem Song "Oblivion" die Geister aus, die sie seit einem sexuellen Übergriff verfolgten. Das Video wurde in zwei großen Sportstadien von Montreal gedreht. Footballspieler und Motocrossfahrer marschierten dort in ihren leichten Rüstungen auf, um ihr Können miteinander zu messen. Währenddessen tänzelte Grimes mit pinken Haaren durch die modernen Arenen und später in einer Umkleidekabine zwischen nackten Männer-Oberkörpern. Diese Episode wurde in Ö1 am 5.04. 2025 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von oe1.ORF.at.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"Essence" - Wizkid, Tems (Nigeria, 2020)
Afrobeats ist wie ein Schwamm für unterschiedlichste Einflüsse. Einer der vielen Posterboys von Afrobeats heißt Wizkid. Kein anderer Musiker aus Nigeria wurde 2020 öfter gestreamt, vor allem sein Song "Essence". Wizkid sang ihn gemeinsam mit der nigerianischen Alté-Musikerin Tems ein - teils auf Englisch, teils auf Pidgin, teils auf Yoruba. Während der Corona-Lockdowns fing "Essence" das Gefühl unendlicher Erschöpfung und den Drang ein, nah bei anderen sein zu wollen. Im Sommer 2023 füllte Wizkid dann das Stadium von Tottenham in London. Seine Duett-Partnerin Tems hatte zu diesem Zeitpunkt bereits einen Grammy gewonnen. Ein neues Zeitalter afrikanischer Kultur schien angebrochen. Gleichzeitig begann ein neuer Wettlauf um Afrika; westliche Musikkonzerne hatten Büros in Nigeria eröffnet, um Geld zu verdienen. Eine Eigenproduktion des ORF, gesendet in Ö1 von 10.-13. 03. 2025.Die Playlist und Literaturliste zum Podcast: 100 Songs - Shownotes

"Royals" - Lorde (Neuseeland, 2012)
Lorde schrieb"Royals", als sie 15 Jahre alt war. Die neuseeländische Sängerin hatte sich über die abstrusen Reichtümer gewundert, die im US-Pop der beginnenden 2010er Jahre angepriesen wurden, die nichts mit ihrer eigenen Realität zu tun hatten - teure Autos, teurer Alkohol oder Tiger, die an goldenen Leinen gehalten werden. "Wir werden niemals adelig sein", singt Lorde mit einem Hauch von Renitenz. "Royals" war gleichzeitig eine Auseinandersetzung mit dem US-amerikanischen Kulturimperialismus. Allen voran mit Hip-Hop der Charts. Lorde brachte das auch Rassismus-Vorwürfe ein. Dass Lorde gleichzeitig ein Fan von Hip Hop war, wurde ausgeklammert. Diese Episode wurde in Ö1 am 10.03. 2025 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von oe1.ORF.at.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"Amor Prohibido" - Selena (USA, 1994)
Als Selena Quintanilla - Künstlername Selena - im März 1995 von der Präsidentin ihres Fanclubs ermordet wurde, war sie der größte Popstar der Tejanos. Mit ihr begann die Latin Wave, die wenig später Stars wie Ricky Martin, Jennifer Lopez und Marc Anthony hervorbringen sollte. Tejanos heißen die Bewohner von Texas mit lateinamerikanischen Wurzeln. Selena brachte diese Musik, die mitunter an populäre Schlager erinnern konnte, erstmals in viele amerikanische Haushalte. Gleichzeitig experimentierte sie mit neueren Stilen wie R'n'B, Reggae, Tecnocumbia und elektronischer Musik. Der Song "Amor Prohibido" handelte dabei von einer verbotenen Liebe über soziale Gräben hinweg. Damit konnten Klassenunterschiede gemeint sein, politische Lager oder auch als queere Liebe. Diese Episode wurde in Ö1 am 11.03. 2025 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von oe1.ORF.at.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"My Sweet Lord" - George Harrison (UK, 1970)
Für einen Moment sah es so aus, als könnte George Harrison - der bei den Beatles im Schatten von Paul McCartney und John Lennon stand - der erfolgreichste Solo-Beatle werden. Ende 1970 veröffentlichte er das treffsicher betitelte Dreifach-Album "All Things Must Pass". Die 1970er Jahre begannen für viele mit einer Hinwendung nach innen in die Sphäre des persönlichen und spirituellen Wachstums. Die Nummer-Eins-Single "My Sweet Lord" wurde zum Wegbereiter von New Age und Weltmusik. Er stellte sich allerdings als Plagiat heraus. Nach einem langen Prozess musste Harrison 1.599.987 US-Dollar an die Chiffons zahlen, an deren Song "He's so fin" er erinnerte. Damit wurde der Song auch wegweisend für den manchmal verworrenen Schutz geistigen Eigentums im Bereich musikalischer Ideen. Diese Episode wurde in Ö1 am 12.03. 2025 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von oe1.ORF.at.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"The Sound Of Music" - Julie Andrews (USA, 1965)
"The Sound Of Music" feiert das 60. Jubiläum. Das gleichnamige Musical hat das Bild, das sich die Vereinigten Staaten von Amerika über Österreich gemacht haben, tief geprägt. Ursprünglich ein Musical, wurde "The Sound Of Music" ab Frühjahr 1965 zum US-Kino-Hit. Die Rollen sind klar verteilt: hier das kleine singende Österreich der Zwischenkriegszeit, dort das übermächtige Nazideutschland. Als der Film Mitte der 1960er Jahre in die Kinos kam, erlebten die USA eine Reihe von tödlichen Attentaten - auf Präsident John F. Kennedy oder den Bürgerrechtler Malcolm X - wie auch aufkeimende Proteste gegen den Vietnamkrieg. "The Sound Of Music" bot ein klares Weltbild, Dramatik und Unterhaltung für die ganze Familie. Diese Episode wurde in Ö1 am 29.01.2025 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von oe1.ORF.at.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"The Good The Bad and The Ugly" - Ennio Moricone (Italien, 1966)
Diese Welt ist gesetzlos. Die drei Hauptfiguren im Italo-Western "The Good, The Bad and The Ugly" sind brutal und unmoralisch. Mitten in der aschgrauen Einöde von Texas hintergehen sie einander. Und das Einzige, was für sie zählt, ist die Akkumulation von Kapital - selbst dann noch, als sie in die Wirren des amerikanischen Bürgerkriegs verwickelt werden. Der Kinofilm von Sergio Leone wurde zunächst verrissen. Seine Handlung war vielen zu nihilistisch. Die Titelmelodie des römischen Komponisten Ennio Morricone lässt einen Kojoten mehrfach aufheulen. Damit bringt er mit wenigen Tönen die gesellschaftlichen Verwerfungen der 1960er Jahre in Italien auf den Punkt. Diese Episode wurde in Ö1 am 31.01.2025 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von oe1.ORF.at.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"Barbie Girl" - Aqua (Dänemark, 1997)
Die 1990er Jahre waren in Dänemark eine Zeit vorsichtiger Integration mit Europa. Zwei lange Brücken sollten das Land mit Europa verbinden, eine ökologische Steuerreform brachte das Land an die Weltspitze in der Erzeugung von Windenergie, gleichzeitig trat Dänemark der gemeinsamen Währungsunion allerdings nicht bei. Politisch stabile Zeiten führten zu viel Wohlstand. "Barbie Girl" macht den Traum vom guten Leben in einer hübschen Einfamilienhaussiedlung unausweichlich. Aqua überzeichnete die Verhältnisse in der sozialen Marktwirtschaft. Im Jahr 2023 wurde der Song für den Blockbuster "Barbie" neu interpretiert. Diese Episode wurde in Ö1 am 29.01.2025 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von oe1.ORF.at.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"1944" - Jamala (Ukraine, 2016)
Beim Eurovision Song Contest sind Songs mit politischen Inhalten nicht zugelassen. Im Jahr 2016 flammte eine Diskussion um diesen Punkt des Reglements erneut auf, als der Song "1944" der tatarisch-armenischen Sängerin Jamala die Vorentscheidung des Wettbewerbs gewann. Der Titel "1944" ist ein eindeutiger Hinweis darauf, dass der Song von der Vertreibung der Krimtataren handelt, die in der Sowjetunion unter Josip Stalin der Kollaboration mit Nazideutschland verdächtigt und zu Tausenden vertrieben wurden. Die Halbinsel Krim wurde Jahre später ein Teil der ukrainischen Sowjetrepublik, 2014 wurde sie von Russland annektiert. 2022 gewinnt die Ukraine ein weiteres Mal den Song Contest. Wenige Wochen zuvor hatte Russland einen offenen Krieg mit der Ukraine begonnen. Diese Episode wurde in Ö1 am 13.03. 2025 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von oe1.ORF.at.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"Strange Fruit" - Billie Holiday (USA, 1939)
Seltsame Früchte hängen in den Pappeln, sang Billie Holiday im Jahr 1939. Die sogenannte Lynchjustiz - das Wort "Justiz" ist hier beschönigend - verbreitete Jahrzehnte nach dem Ende der Sklaverei weiter Terror in der schwarzen Bevölkerung der Südstaaten der USA. Dort setzte die Zeit der 'Reconstruction' eine Trennung aller Lebensbereiche nach Hautfarben durch. Lynchmorde waren dabei die brutalste Manifestation einer zutiefst rassistischen Gesellschaft. Billie Holiday nahm den Song "Strange Fruit" anfangs zögerlich in ihr Live-Programm auf. Das Time Magazine hielt den Song im Erscheinungsjahr 1939 noch für musikalische Propaganda. Jahrzehne später nahm der US-Kongress den Song schließlich in sein Verzeichnis bedeutender Aufnahmen ("National Registry") auf. Diese Episode wurde in Ö1 am 18.12.2024 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von oe1.ORF.at.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"One More Time" - Daft Punk (Frankreich, 2000)
Daft Punk wurden schnell zu den Aushängeschildern des French Touch - einem Musikstil, der französische Produktionen um die Jahrtausendwende zurück auf die Plattenteller von DJs brachte. Bruchstücke aus Eurodisco, kosmischen Sounds und US-amerikanischer House-Musik wurden zu hypnotischen, tanzbaren Loops arrangiert, während Cut-up und Collage zu zeitgeistigen Kulturtechniken intellektuell überhöht wurden. Währenddessen wurde Airbus zur ernsthaften Konkurrenz für den US-Konkurrenten Boeing, französischer Luxus eroberte die Weltmärkte und das multikulturelle Team der Fußball-Nationalmannschaft gewann Weltmeister- sowie Europameisterschaft. "Einmal noch, wir werden feiern, hört nicht auf zu tanzen", lautet der reduzierte Text von Daft Punks Hit "One More Time" im Jahr 2000. Diese Episode wurde in Ö1 am 17.12.2024 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von oe1.ORF.at.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"Made In China" - Higher Brothers (China, 2017)
2017 war China auf dem besten Weg, die USA als größte Wirtschaftsmacht der Welt abzulösen. In den Vereinigten Staaten gab es noch keine Strafzölle auf chinesische Waren, Huawei war noch nicht verboten und Tiktok wurde rasch zu einer führenden Musik-App. In der Millionenstadt Chengdu in der westlichen Provinz Sichuan hat sich im Laufe der 2010er Jahre eine lebendige Hip Hop-Szene gebildet, die trotz Bedenken der kommunistischen Partei geduldet wurde. Die Higher Brothers arbeiteten mit westlichen Entertainment-Firmen zusammen, wie auch mit Rappern aus Japan, Indonesien und den USA. In einem ihrer größten Hits versuchen sie ihre US-Kollegen in Sachen Konsum noch zu übertrumpfen. Alles ist "Made in China". Diese Episode wurde in Ö1 am 16.12.2024 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von oe1.ORF.at.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"Do They Know It's Christmas?" - Band Aid (Irland, 1984)
1984 litt Äthiopien unter einer katastrophalen Hungersnot. Ernten waren ausgefallen, dazu waren mehrere Konfliktparteien in einen blutigen Bürgerkrieg verwickelt. Schockiert von den Bildern aus der Region komponierte der irische Songwriter Bob Geldof ein Weihnachtslied, dessen Einnahmen der Hungerhilfe zugutekommen sollten. Die Aufnahme war mit den größten Stars der britischen Musikindustrie gespickt, darunter Phil Collins, David Bowie, Bono, Paul McCartney, George Michael, Sting oder das Pop-Trio Bananarama. Die Single wurde schnell zur zweiterfolgreichsten Single der Achtziger Jahre. Die fünf Millionen Pfund Einspielergebnis wurden von zwei Live-Aid-Konzerten noch weit übertroffen. Ein beträchtlicher Teil der Spenden landete allerdings beim äthiopischen Diktator Mengistu, der das bitterarme Land weiter hochrüstete. Diese Episode wurde in Ö1 am 17.12.2024 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von oe1.ORF.at.[https://oe1.orf.at/100songs/shownotes|Playl

"Work It" - Missy Elliott (USA, 2002)
Missy Elliott schreibt Rap-Geschichte - indem sie mit ihrem Song "Work It" Old-School-Rap neu belebt. Im Jahr 2002 hat die US-Rapperin dafür bedeutende Samples verwendet, im dazugehörigen Video waren Graffiti, Breakdance, Boomboxes und alte Trainingsanzüge zu sehen. Aber auch die Sprache des Songs war absichtlich schillernd und hat mit Shout-Outs und Code-Switching an die Anfänge von Hip Hop erinnert. "Heutzutage muss man eigentlich fast immer mit einer kugelsicheren Weste auf die Straße gehen, weil alle irgendein Problem haben und die Stimmung so angespannt ist", meinte die Rapperin im Jahr 2002. "Mit diesem Album wollte ich den Spaß und die Wärme im Hip Hop zurückbringen." Diese Episode wurde in Ö1 am 18.11.2024 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von oe1.ORF.at.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"Tom's Diner" - Suzanne Vega (USA, 1987)
Vor 30 Jahren wurde MP3 geboren. Karlheinz Brandenburg schrieb 1988 an der Uni Erlangen an seiner Dissertation über Verfahren für hochwertige Musikcodierung. An einem Musikstück biss sich die Codierung allerdings die Zähne aus: Suzanne Vegas "Tom's Diner". Der A-Capella-Song über einen Vormittag in einem New Yorker Restaurant war unter Hifi-Liebhabern sehr beliebt, um Lautsprecher zu testen. Nach zwei Jahren der Experimente war es so weit und das MP3-Verfahren ausgereift. Das MP3-Format konnte sich als Standard gegen teils übermächtige Konkurrenz durchsetzen, letztlich ebnete es Filesharing den Weg, mobilem Musikhören und Musik-Streaming. Suzanne Vega erfuhr im Jahr 2000 davon, dass sie als Mutter des MP3 Formats galt. Diese Episode wurde in Ö1 am 20.11. 2024 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von oe1.ORF.at.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"Fernando" - ABBA (Schweden, 1976)
1976 hatte in weiten Teilen Südamerikas das Militär die Macht übernommen - Brasilien, Peru, Bolivien, Chile, Uruguay und Argentinien wurden zu Diktaturen. Abba, eine völlig unpolitische schwedische Pop-Band, romantisieren mit "Fernando" den bewaffneten politischen Kampf für die Freiheit. Abba-Songwriter Björn Ulvaeus dachte beim Komponieren an einen der großen historischen Konflikte in Mexiko. Das Flöten-Thema des Songs erinnert allerdings viel eher an die Melodie von "El cóndor pasa" und damit an die Region der Anden, in denen der Guerillero Che Guevara wenige Jahre zuvor erschossen worden war. In Schweden selbst gilt der Song in linken Kreisen als kapitalistisch-reaktionär. In Südamerika hingegen werden Abba zu Stars. Diese Episode wurde in Ö1 am 20.11. 2024 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von oe1.ORF.at.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"Göttingen" - Barbara (Frankreich, 1966)
Für die französische Sängerin Barbara stand es außer Frage, in Deutschland aufzutreten. 1964 hatte sie ihren ersten Vertrag unterschrieben, war jenseits des Rheins unbekannt und ihre jüdische Familie musste im Zweiten Weltkrieg vor den Nazis flüchten. Der Direktor des jungen Theaters in Göttingen ließ nicht locker, Barbara sagte widerwillig zu. 1966 wurde "Göttingen" veröffentlicht und in Frankreich zum Hit. Später wurde Barbara zur Ehrenbürgerin der Stadt Göttingen, ihr gespenstisches Lied sang sie auch auf Deutsch ein. Und bis heute gilt "Göttingen" als Lied der deutsch-französischen Verständigung. Diese Episode wurde in Ö1 am 19.11. 2024 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von oe1.ORF.at.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"Ya Tair" - Fairuz (Libanon, 1967)
Die Beinamen von Fairuz sind vielfältig, die "Zeder von Libanon" und "Seele des Libanons" sind nur zwei davon. 1967 war die Sängerin bereits ein Star in der arabischen Welt. Fairuz steuerte nicht nur die Musik zu einem Film über den Ersten Weltkrieg bei, sondern spielte auch selbst die Hauptrolle. Der Film erzählt die Geschichte einer Frau, die ihren Mann sucht, während unter der Herrschaft des Osmanischen Reichs der sog. Kafno - eine der schlimmsten Hungersnöte des 20. Jahrhunderts - die Bevölkerung im multiethnischen Libanon dezimiert. Ein Vogel - "Ya Tair" heißt auf Deutsch "O Vogel" - soll in die ferne Heimat fliegen, singt Fairuz, den Liebsten von ihr berichten und sie mitnehmen. Fairuz feiert am 20. November 2024 ihren 90. Geburtstag. Diese Episode wurde in Ö1 am 28.10. 2024 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von oe1.ORF.at.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"Whats Love Got To Do With It" - Tina Turner (USA, 1984)
Tina Turner und Ike Turner wurden zusammen als Ike & Tina Turner zu einer dominierenden RnB-Formation in den Vereinigten Staaten. Ike war gewalttätig und drogenabhängig. 1976 reichte Tina Turner die Scheidung ein, ihre ersten beiden Soloalben floppten und ihre Karriere galt als beendet. 1984 gelang ihr mit dem Album "Private Dancer" eines der unwahrscheinlichsten Comebacks der Popmusikgeschichte. Tina Turner überwand nicht nur eine unsichtbare Altersschranke, die insbesondere Frauen jenseits der Vierzig auf wenige Rollen beschränkte, zudem wagte sie sich großteils an Rocksongs, ein Stil, der in den 1980ern als weiße Domäne gilt. "What's Love Got To Do With It" war mit seinen Reggae-Einflüssen eine Ausnahme - ein vieldeutige Hymne. Diese Episode wurde in Ö1 am 30.10. 2024 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von Ö1.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"Diario de um detento" - Racionais MC's (Brasilien, 1997)
Während Brasilien der Welthandelsorganisation beitritt und Soia, Eisenerz oder Öl exportiert, fehlen in manchen Vierteln Sao Paulos Strom und Wasser. Die Racionais MC's zeichnen ein drastisches Bild vom Überleben in der städtischen Peripherie. Sie räumen zudem mit dem Mythos einer post-rassistischen Gesellschaft auf, der in Brasilien Mitte der 1990er Jahre noch hochgehalten wird. Das Album "Sobrevivendo No Inferno" von 1997 gilt heute als Meisterwerk und ist Gegenstand universitärer Betrachtungen. Im zentralen Titel des Albums - im Tagebuch eines Häftlings - verarbeitet die Gruppe ein nationales Trauma. 1992 brachen in der größten völlig überfüllten Strafanstalt Südamerikas Kämpfe zwischen Insassen aus. Die Militärpolizei stürmte den Komplex und tötet 111 Insassen. Diese Episode wurde in Ö1 am 29.10. 2024 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von Ö1.Playlist und Literaturliste zum Podcast

"Blinding Lights" - The Weeknd (USA, 2020)
Kein Song wurde öfter gestreamt als "Blinding Lights". Und laut dem US-amerikanischen Billboard Magazine ist kein Song erfolgreicher. Er definiert Anfang 2020 die Erfahrungen des ersten Corona-Lockdowns. Zunächst scheint der Text prophetisch: "Die Stadt ist kalt und leer, niemand ist da, um über mich zu urteilen", heißt es vor dem Refrain. Im Musikvideo tanzt Sänger The Weeknd mit blutiger Nase auf den verlassenen Straßen von Las Vegas und rast in seinem Sportwagen an den bunten Lichtern der Glücksspiel-Metropole vorbei, bis der Wagen bei voller Geschwindigkeit ins Schleudern gerät. Mit seinem vertrauten retro-futuristischen Synthsound dominiert "Blinding Lights" das erste Halbjahr 2020. Diese Episode wurde in Ö1 am 28.10. 2024 gesendet und ist Teil des kultur- und zeitgeschichtlichen Archivs von Ö1.Playlist und Literaturliste zum Podcast

“Spring Day”- BTS (Südkorea, 2017)
2012 wurde Psys “Gangnam Style“ zum unüberhörbaren Signal koreanischer Popkultur. 2016 kündigten Südkorea und die USA ein gemeinsames Raketenabwehrsystem an worauf China mit einem unausgesprochenen Boykott koreanischer Produkte reagierte. Entertainment-Konzerne in Südkorea fokussierten ihre Absatzmärkte auf Teenager des globalen Nordens. Die Mitglieder von BTS wurden zusammen gecastet und durch Kollaborationen mit US- und britischen Musikern immer populärer. K-Pop blieb konsensfähig und vermied Kontroversen. Der Song “Spring Day“ tarnte sich im Jahr 2017 als ein Lied über Liebe und Verlust, obwohl das Video den Verdacht nahelegte, dass hier das Sewol-Fährunglück thematisiert wurde, bei dem drei Jahre zuvor über 300 Studierende ertrunken waren - was Jahre später von einem der Bandmitglieder bestätigt wurde. Diese Dokumentation wurde in Ö1 am 29. August 2024 gesendet. Die Playlist und Literaturliste zum Podcast finden Sie in den Shownotes.

“Jóga“- Björk (Island, 1997)
Island boomte. Mitte der Neunziger Jahre wurden massiv Steuern gesenkt, Tiefsee-Breitbandkabel verlegt und die New Economy schuf neue Arbeitsplätze. Die Sängerin Björk übersiedelte nach London und wurde zunächst dort bekannt, den Großteil ihres dritten Albums “Homogenic“ schrieb sie allerdings im deutlich ruhigen Süden Spaniens. Bei einem Besuch in ihrer Heimat schrieb sie dann ganz bewusst eine Hymne sowohl an eine enge Freundin wie auch an die Natur Islands. Im kunstvollen Musikvideo des äußerst gefragten französischen Regisseurs Michel Gondry brachen isländische Naturlandschaften auf. Letztere waren nicht nur in der virtuellen Welt des Musikvideos bedroht. Im Kyoto Protokoll verpflichteten sich die meisten Länder der Erde kurz vor Weihnachten 1997 zur Verringerung schädlicher Treibhausgase. Diese Dokumentation wurde in Ö1 am 28. August 2024 gesendet. Die Playlist und Literaturliste zum Podcast finden Sie in den Shownotes.

“Hijo de la luna“- Mecano (Spanien, 1986)
Im Jahr 1975 gingen fast vierzig Jahre Franco-Diktatur zu Ende. In den großen Städten formierte sich eine urbane Avantgarde-Kultur und in Madrid experimentierten junge Menschen mit Film, Musik, Graffiti und Mode, aber auch Drogen, Alltagssprache und Geschlechterrollen. Die Band Mecano wurde mit ihrem Debütalbum über jugendliche Langeweile und exzessiven Feiern zum musikalischen Eckpfeiler der Movida. 1986 vertonten sie eine alte Roma-Legende über einen “Sohn des Mondes”, oder “Hijo de la luna”, der nach einem Mord an seiner Mutter in der Natur ausgesetzt wird - während die spätere B-Seite “Mujer contra mujer“ auf Italienisch und Französisch eingesungen wurde und sich zu einem zentralen Song lesbischer Frauen in vielen romanischen Ländern entwickelte. Diese Dokumentation wurde in Ö1 am 27. August 2024 gesendet. Die Playlist und Literaturliste zum Podcast finden Sie in den Shownotes.

“Blitzkrieg Bop“- Ramones (USA, 1976)
Der Vietnamkrieg war gerade vorüber. Mitte der Siebziger Jahre stand New York kurz vor dem Bankrott, die Midtown von Manhattan war ein Rattenloch überschwemmt mit Heroin und Amphetaminen. Gebäude verfielen und in den alten Fabriken quartierten sich immer mehr Künstler ein. Im New Yorker Punk Club CBGB’s traten bald schon Bands wie Television, die Ramones aus Queens und Patti Smith auf. Hier wurde die Energie von Abgehängten zu einem brandheißen Cocktail. Punk hatte seine Wurzeln auch im queeren absurden Theater, doch die Ramones sangen nun über männliche Stricher, “I’m a Nazi, Schatzi”, oder darüber Kinder zu verprügeln, oder zu tanzen wie im Blitzkrieg. Sie vereinten die Widersprüche Amerikas. Erst viel später wurden die Ramones zur essenziellen US-Punk-Band geadelt. Diese Dokumentation wurde in Ö1 am 26. August 2024 gesendet. Die Playlist und Literaturliste zum Podcast finden Sie in den Shownotes.

“Trans Europa Express” – Kraftwerk (Deutschland, 1977)
Die Band Kraftwerk war populäre Avantgarde. Die Band aus Düsseldorf hat vor allen Dingen konzeptuell gearbeitet und so eine visionäre Zukunft entworfen, die gleichzeitig zurückblickt auf jene Moderne, die durch die Gräuel des Nationalsozialismus ein jähes Ende fand. Das Album "Trans Europa Express" handelte von Parks und Palästen, die man ohne lange Grenzkontrollen bereisen konnte, und einem Kontinent, der langsam zusammenwuchs. Kraftwerk verwendeten dafür elektronische Klangmaschinen, sie verfremdeten die menschliche Stimme und brachten ihren Liedern beispiellosen Rhythmus bei. Der Titelsong "Trans Europa Express" wurde dabei insbesondere für Hip Hop und für Techno bahnbrechend. Diese Dokumentation wurde in Ö1 am 17. Juni 2024 gesendet. Die Playlist und Literaturliste zum Podcast finden Sie in den Shownotes

“9 to 5” - Dolly Parton (USA, 1980)
Dolly Parton erging es Ende der 1970er Jahre so wie vielen Millionen Frauen weltweit, die sich ihren Weg in die Arbeitswelt bahnen. Sie wollte gleiches Geld für gleiche Arbeit. Und eine gerechte Entlohnung. Das galt in den Vereinigten Staaten theoretisch seit 1963. In Boston gründete sich die Basisorganisation "Nine To Five" für arbeitende Frauen. Eine der Gründerinnen kannte die Schauspielerin Jane Fonda, sie produzierte 1980 einen gleichnamigen Film, der von den täglichen Diskriminierungen handelt, die sie in ihrem Umfeld regelmäßig beobachtet hat. Dolly Parton und Lily Tomlin spielten die weiteren Hauptrollen. Die Komödie "Nine To Five" wurde zum Überraschungshit. Er wird zu einem Kampfsong nicht nur der Gleichstellung, sondern der Gleichbehandlung. Diese Dokumentation wurde in Ö1 am 18. Juni 2024 gesendet. Die Playlist und Literaturliste zum Podcast finden Sie in den Shownotes

“I Am From Austria” - Rainhard Fendrich (Österreich, 1989)
1989 war Rainhard Fendrich in seinem Haus in Florida für etwas Ruhe und Entspannung. Die Nachbarn waren ebenfalls Österreicher, gaben sich allerdings als Schweizer aus. Denn die Waldheim-Affäre hinterließ international einen enormen Image-Schaden. Der ehemalige UNO-Generalsekretär und nunmehr österreichische Bundespräsident konnte sich an seine Mitgliedschaft in der nationalsozialistischen SA nicht erinnern und wurde von den meisten Weltmächten geächtet. Rainhard Fendrich plagte dennoch Heimweh. Und er schrieb die klandestine österreichische Bundeshymne schlechthin: "I Am From Austria". Der Sänger erinnerte sich darin an die "Dummheit, die zum Himmel schreit." Gleichzeitig wird Heimatliebe als etwas Naturwüchsiges gerahmt, der man sich schlechthin nicht entziehen kann. Diese Dokumentation wurde in Ö1 am 19. Juni 2024 gesendet. Die Playlist und Literaturliste zum Podcast finden Sie in den Shownotes

“Alors On Danse” - Stromae (Belgien, 2009)
Im September 2008 musste die Investmentbank Lehman Brothers die größte Insolvenz der US-Geschichte anmelden. 100 Milliarden Schulden blieben offen, Armut und Hunger nahmen mit der Finanzkrise weltweit zu. Der belgische Musiker Stromae verband die historische Krise mit dem Schicksal eines einzelnen Lohnarbeiters. Ein Jahr nach der großen Bankenpleite veröffentlichte er einen Song mit einem höchst tanzbaren Beat und einem hintersinnigen Text. Zwischen Arbeit, Kredit und Krise blieb nur noch übrig zu tanzen, um die Sorgen zu vergessen. Das Video führt in einer Endlosschleife das Schicksal eines modernen Sisyphos vor Augen - Und täglich grüßt der Arbeitsplatz. Mit der Finanzkrise sind das gute Leben und die Aufstiegschancen für die Working Poor in weite Ferne gerückt. Diese Dokumentation wurde in Ö1 am 20. Juni 2024 gesendet. Die Playlist und Literaturliste zum Podcast finden Sie in den Shownotes

“Chega de Saudade” - João Gilberto (Brasilien, 1958)
João Gilberto fing die neue Leichtigkeit der Moderne ein, die in Brasilien an den Stränden von Rio de Janeiro in der Luft lag, mit seinen neuen Flugzeugen, Fotokameras und fast endloser Freizeit. João Gilberto hatte zuvor seine Gitarrentechnik für einige Monate im Badezimmer seiner Schwester verfeinert, dort, wo in der Kolonialzeit wie im Rausch nach Gold und Diamanten geschürft wurde. "Chega de Saudade" gilt heute als erster Song einer neuen brasilianischen Welle, einer Bossa Nova. Der Song gibt dem Gefühl der "Saudade", einer unerklärlich wehmütigen Sehnsucht, eine bleibende Gestalt. Diese Dokumentation wurde in Ö1 am 21. Mai 2024 gesendet. Die Playlist und Literaturliste zum Podcast finden Sie in den Shownotes

“Pressure Drop” - The Maytals (Jamaika, 1968)
1968 sprangen Toots & The Maytals auf einen neuen Tanz auf, der in der Hauptstadt von Jamaika getanzt wurde. Der Tanz "Reggay" ist bald vergessen, doch ein jamaikanisches Label, das von einem Briten gegründet wurde, exportierte den Sound früh nach Großbritannien, wo seit dem Zweiten Weltkrieg eine wachsende Zahl von Personen aus der Karibik hin migriert ist. Reggae machte die Welt mit den Ideen und dem Look der Rastafari bekannt. Diese war es noch nicht gewohnt, dass man über revolutionäre Gefühle in hellen, munteren und entspannten Melodien singt. Wie auf "Pressure Drop", das laut Bandleader Frederick "Toots" Hibbert von karmischer Rache handelt, wenn nämlich der Druck über einer Person hereinbrechen soll. Diese Dokumentation wurde in Ö1 am 22. Mai 2024 gesendet. Die Playlist und Literaturliste zum Podcast finden Sie in den Shownotes

“Paper Planes” - M.I.A. (UK, 2008)
Mathangi "Maya" Arulpragasam verbrachte die ersten elf Jahre ihres Lebens auf der Flucht vor der Armee von Sri Lanka. Ihr Vater war Teil des tamilischen Widerstands und später Vermittler im Konflikt. In London schlug sie eine Musikkarriere ein. Ihr Debütalbum wirbelte weltweit verstreute Stile durcheinander: Bhangra, Baile Funk, Miami Bass, Grime und Dancehall. Die Rhythmen einer globalisierten Diaspora waren durch die technologische Verfremdung gegangen, die Sounds waren oft "halbakustisch" - synthetisierte Alltagsgeräusche und Straßenlärm, die wild collagiert wurden. Der Song "Paper Planes" von 2008 arbeitete sich kurz nach Ausbruch der Finanzkrise an dem Versprechen ab, es in der westlichen Welt mit allen notwendigen Mitteln nach oben zu schaffen. Bis zuletzt blieb offen, ob das Ziel von M.I.A. damit Politik oder Kunst ist. Diese Doku wurde in Ö1 am 23. Mai 2024 gesendet. Playlist und Literaturliste finden Sie in den Shownotes

"Pata Pata” - Miriam Makeba (1967)
Miriam Makeba - bekannt als Mama Africa - brachte Südafrika zurück auf die Landkarte globaler Pop-Musik. Bereits in den 1950ern gründete sie eine rein weibliche Gesangsgruppe, sie engagierte sich gegen die Apartheid - die gesetzliche Trennung nach Hautfarben -, 1960 musste sie im Exil bleiben, wo ihr bald schon die südafrikanische Staatsbürgerschaft entzogen wurde. In den USA gewann sie mit Harry Belafonte als erste Frau aus Afrika einen Grammy Award und sprach vor den Vereinten Nationen gegen das südafrikanische Regime. 1967 fügte sie ihrem weitgehend auf Xhosa gesungenen "Pata Pata" einige englische Passagen hinzu und veröffentlicht damit einen Welthit. Trotz seines scheinbar unbedeutenden Texts - zwei Menschen tanzen und betatschen sich - wurde "Pata Pata" immer mehr zu einer Hymne an die Freiheit stilisiert. Diese Doku wurde in Ö1 am 18. März 2024 gesendet. Playlist und Literaturliste finden Sie in den Shownotes

"Rauch Haus Song“ - Ton Steine Scherben (1972)
Die Welt ist in West und Ost geteilt; und Berlin ganz besonders. Als 1972 der "Rauch-Haus-Song" in einem besetzten Westberliner Haus geschrieben wurde, sammelten sich in den Ruinen der alten deutschen Hauptstadt bereits seit einigen Jahren Anarchos, 68er und frühe Punks, die dort Räume der Selbstverwaltung forderten. Eines frühen Morgens rückten 400 Polizisten an, um das Rauchhaus im Stadtteil Kreuzberg nahe der Berliner Mauer zu räumen. Der Sänger Rio Reiser schrieb darüber einen agitatorisch-politischen Text der ob seiner Sprachwucht noch lange in unterschiedlichen deutschen Subkulturen nachhallte. Das Lied erschien auf einem unabhängigen Label und schuf damit eine Grundlage für eine Do-It-Yourself-Arbeitsweise, die später für Subkulturen in Deutschland zentral wurde. Diese Dokumentation wurde in Ö1 am 19. März 2024 gesendet. Die Playlist und Literaturliste zum Podcast finden Sie in den Shownotes

"Djevojka sa sela” - Severina (1998)
Das Mädchen vom Land - kroatisch: Djevojka sa sela - trug hier hohe schwarze Absätze, weiße Söckchen und leuchtend roten Lippenstift. Sängerin Severina wurde 1972 in der dalmatinischen Hafenstadt Split geboren. Als Jugoslawien dann in den 1990ern blutig zerfiel, wurden die neuen Grenzen durch serbisch-bosnisch geprägten Turbofolk auch kulturell verstärkt. Severina schien hingegen dem neuen kroatischen Selbstverständnis mit westlich orientierter Popmusik Ausdruck zu geben. 1998 entwickelt sich ihr modern-pastoraler Song "Djevojka sa sela" zur inoffiziellen Hymne der kroatischen Fußball-Nationalmannschaft, die bei ihrem ersten Antreten bei einer Weltmeisterschaft in Frankreich den dritten Platz erkämpfen konnte. Severina wurde später zu einem der wenigen gesamt-post-jugoslawischen Popstars. Diese Dokumentation wurde in Ö1 am 20. März 2024 gesendet. Die Playlist und Literaturliste zum Podcast finden Sie in den Shownotes

"Bad Guy" - Billie Eilish (2019)
Keine zweite Musikerin bringt die multiplen Krisen der späten 2010er Jahre so zum Klingen wie die 18-jährige Kalifornierin Billie Eilish. Auf ihrem Debütalbum singt sie im Song "Xanny" über allgegenwärtige Opiate, die in den USA bereits zehntausende Menschen das Leben gekostet haben und auf "Buried A Friend" über Suizid, "All The Good Girls Go To Hell" ist eine biblische Geschichte vor dem Hintergrund steigender Meeresspiegel. Der Song "Bad Guy" wird schließlich zum definierenden Hit des Jahres 2019. Darauf entwirft die Sängerin in einer Neo Goth Street Wear kurz nach Metoo neue Geschlechterrollen, indem sie Männer symbolisch kastriert, sie ihre dicken Bäuche einziehen lässt, sie wehrlos in Anzügen am Boden liegen und auf Kinderdreirädern fahren lässt und ihr dabei in ihrem eigenen Identitätsentwurf unterwürfig dienen. Diese Doku wurde in Ö1 am 21. März 2024 gesendet. Playlist und Literaturliste finden Sie in den Shownotes

"Lili Marleen" - Marlene Dietrich (1944)
1941 wurde eine Kiste mit Schallplatten aus dem Wiener Funkhaus ins besetzte Jugoslawien geschickt, wo der örtliche Wehrmachtssender das bereits ältere "Lied eines jungen Wachpostens" bald schon regelmäßig zum Sendeschluss spielte. "Lili Marleen" wurde zu einer Verbindung von Soldaten, die an den weitläufigen Fronten eines verbrecherischen Krieges kämpften, und ihrer Heimat. In Nordafrika sollen die Waffen geschwiegen haben, als "Lili Marleen" allabendlich in den verfeindeten Lagern erklang. Bald brach eine Propagandaschlacht um das Lied aus, spanische, englische, französische und italienische Versionen wurden aufgenommen, 1944 sang Filmstar Marlene Dietrich, die kurz vor Kriegsausbruch die deutsche Staatsbürgerschaft abgelegt hatte, "Lili Marleen" mit dunklem Timbre für den US-Nachrichtendienst ein. Diese Dokumentation wurde in Ö1 am 22. April 2024 gesendet. Die Playlist und Literaturliste zum Podcast finden Sie in den Shownotes

"Gracias A La Vida" - Violeta Parra (1966)
Das Leben hat ihr Hämmer, Turbinen, Barken und Regenschauer geschenkt, singt die chilenische Künstlerin Violeta Parra kurz vor ihrem Suizid, es hat ihr Haus und Hof geschenkt, das Lachen und die Tränen. Und aus Kummer und Glück webt sie - heißt es auf "Gracias a la vida" weiter - ihr Lied. "Gracias a la vida" wurde zu einem der bekanntesten Lieder der Nueva Cancion Chilena, deren Grundlage Violeta Parra in den 1950ern legte, als sie begann, die durch Migration in die Städte langsam verschwindende rurale Kultur Chiles zu dokumentieren. Violeta Parra sollte nicht mehr erleben, wie "Gracias a la vida" in den späten 1960er Jahren in den Rang einer humanistischen Hymne erhoben wurde. Diese Dokumentation wurde in Ö1 am 23. April 2024 gesendet. Die Playlist und Literaturliste zum Podcast finden Sie in den Shownotes

"Zombie" - The Cranberries (1993)
Die sogenannten Troubles kosteten auf den britischen Inseln über etwa drei Jahrzehnte hinweg tausenden Menschen das Leben. Verschiedene paramilitärische Organisationen kämpften dabei gewaltsam für wie auch gegen eine Wiedervereinigung Irlands. Als 1993 mehrere Kinder bei Bombenanschlägen starben - einmal in einer nordenglischen Einkaufsstraße, ein andermal bei einem nordirischen Fischgeschäft -, wurde eine junge Sängerin aus einer west-irischen Kleinstadt dadurch so erschüttert, dass sie einen für die Band untypisch lauten und untypisch politischen Song schreibt. "Zombie" von The Cranberries wurde - wohl auch wegen seiner Widersprüche - zum größten Popsong über die sogenannten Troubles. Diese Dokumentation wurde in Ö1 am 22. 04. 2024 gesendet. Die Playlist und Literaturliste zum Podcast finden Sie in den Shownotes

"Quiero Bailar" - Ivy Queen (2002)
Um die Jahrtausendwende verbanden sich karibischer Dancehall und Hip Hop auf dem US-Außengebiet Puerto Rico zu etwas Neuem. Reggaetón war für die lokalen Eliten zunächst eine bedrohliche Mischung aus Drogen und Gewalt. Spezialeinheiten sollten die Kriminalität in den Sozialbauten der Hauptstadt San Juan mit eiserner Hand zerschlagen, auch hunderte CDs wurden beschlagnahmt. In diesem repressiven Klima wird Ivy Queen zum einzigen weiblichen Star in einer von markanten Männern geprägten Musikkultur. Als die Latin Wave in den USA zunehmend verebbte, entwickelte sich Ivy Queen's Partysong "Quiero Bailar" über Radiostationen in Florida zum Hit. Diese Version von Reggaeton, die leicht entschärft und radiotauglicher war, fiel dadurch erstmals einer globalen Öffentlichkeit auf. Diese Dokumentation wurde in Ö1 am 24. April 2024 gesendet. Die Playlist und Literaturliste zum Podcast finden Sie in den Shownotes

Trailer
Stefan Niederwieser ist Ö1 Sendungsgestalter und beschäftigt sich seit eineinhalb Jahrzehnten publizistisch mit Musik - nicht nur als Ausdruck ihrer Zeit, sondern als ihr atemberaubender Katalysator. Robert Stadlober ist Schauspieler (“Schnee”, “Das Boot“, “Verschwende deine Jugend“, “Crazy”), Musiker (Heym, Gary) und Mitgründer des österreichischen Indie-Label Siluh Records.
