
Sport und Buch, das ist zumindest im ersten Moment ein Gegensatz. Egal ob du selbst aktiv bist oder nur live konsumierst - Sport bedeutet dass etwas passiert und dass keiner weiß, wie es ausgeht. Bei einem Buch ist das ganz anders: Alles steht schon fest, es kommt nur noch darauf an, den vorgegebenen Inhalt abzurufen. Die Macht der Bilder, der Bewegtbilder ist allerdings auch mit Vorsicht zu genießen. Wo die Betrachtung im Fernsehen und in anderen schnellen Medien zu oberflächlich wird, kann es lohnend sein, durch lange Texte, gar durch ein Buch über gewisse Dinge tiefergehende Einblicke zu erhalten. Ansonsten ist die Buchlektüre ein prima Grund, es sich im Sessel oder auf dem Sofa gemütlich zu machen. Es kann ja schließlich keiner immerzu Sport treiben. Dieser Podcast von Ralf Kohler (Kontakt: ralfkohler2000@gmail.com) beantwortet die Frage oder gibt zumindest Hinweise darauf, warum sich ein Sportbuch lohnt oder eben nicht.
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Oskar Beck - "Tor in Stuttgart - Fußballgeschichte(n)"
Oskar Beck (Jahrgang 1949) ist ein erfahrener Journalist. Er kommt aus einer Zeit, in der er die Chance hatten, einige Fußball-Größen sogar zu Hause zu besuchen. So kann er noch immer aus dem Leben schöpfen und präsentiert nun mit "Tor in Stuttgart - Fußballgeschichte(n)" ein Buch für alle, die sich über tiefgehende Einblicke freuen. Das Kernpublikum sind unverkennbar (stolze) Schwaben, allerdings steht nicht nur der VfB im Fokus, sondern geht Becks Blick von Stuttgart aus hinaus in die Welt.

Felix Brych: "Aus kurzer Distanz. Meine Erfolgs-Prinzipien als Weltschiedsrichter"
Nach der Saison 2023/24 soll die Karriere von Schiedsrichter Felix Brych noch nicht vorbei sein. Der Münchner kann die Altersgrenze in der Fußball-Bundesliga verschieben. Der Top-Referee aus München gewährt in Zusammenarbeit mit Journalist Sven Haist Einblicke - aber nicht in jeder Hinsicht. Das Buch zur lediglich international beendeten Laufbahn ist eher Bilanz als Biografie, denn über den Menschen Brych ist nicht viel zu erfahren. Das Fachliche steht klar im Vordergrund. Trotz aller unaufgeregten Betrachtungen sollte das Lesen nicht nur Schiris Freude bereiten.

Angelique Kerber: "Eine Frage des Willens. Mein Weg nach oben"
Als Mutter möchte Angelique Kerber irgendwann noch ins Tennis-Leben zurückkehren, ihre Autobiografie hat sie schon vorher präsentiert. Obwohl die Sportlerin die von ihr gewohnte Zurückhaltung nicht aufgibt, gewährt sie tiefe Blicke in ihre Seele.

Neven Subotic: "Alles geben"
Neven Subotic hat kein Nachwuchsleistungszentrum besucht und ist schon mit seinem verschlungenen Weg zur Karriere ein außergewöhnlicher Fußballer. Eng verbunden ist sein Weg mit Trainer Jürgen Klopp, der zum Buch "Alles Geben" das Vorwort beigesteuert hat: Nach den Anfängen beim FSV Mainz folgten bei Borussia Dortmund Meisterfeiern. Doch in Verteidiger Subotic wächst das Unbehagen, in der Protz-Welt der Profis fühlt er sich immer weniger wohl. Auf dem Weg zur Fußball-Rente wird er quasi zum Missionar - vor allem aber nutzt er sein Vermögen und auch seine Popularität: Brunnen in Afrika zu bauen ist für ihn das Mittel, um die Welt besser zu machen - der Weg zum Erfolg jedoch ist wie im Sport nicht immer ganz einfach

"Lieber Herr Bundestrainer"
In "11 Freunde"-Manier liefern die Magazin-Journalisten Tim Jürgens und Philipp Köster Außergewöhnliches. Neben historischen Schriftstücken präsentieren sie kurz und bündig Einordnungen, teilweise kurze Interviews mit Briefempfängern - all das angereichert mit etlichen interessanten Bildern. Ein Buch, um Nostalgiker zu bleiben, wenn nicht gar zu werden. Es geht um Fußball, aber auch um viel mehr.

"Johan Cruyff"
Die Niederlande sind ein eher kleines Land, gelten aber als eines der Schwergewichte im Fußball. Das hat viel mit dem genialen Johan Cruyff zu tun, unter dem "Holland" die erste von inzwischen drei Teilnahmen am Finale einer Weltmeisterschaft gelang. Auch einige deutsche Fans sagen, dass eigentlich Konkurrent Niederlande besser gespielt hat und den Titel verdient gehabt hätte. In jedem Fall die Nostalgiker könnten Freude an der deutschen Ausgabe der Cruyff-Biografie haben, die der Journalist, Historiker und Schriftsteller Auke Kok 2019 herausbrachte. Doch auch für alle, die mit dem seit Ende des 20. Jahrhunderts kommerziellen Fußballs groß geworden sind, kann es interessant sein, einen der Großen dieses Sports näher kennenzulernen. So wie er auf dem Feld Stürmer und Spielmacher war und nach Perfektion strebte, wollte Cruyff offenbar auch abseits überall sein. Inwieweit ihm das gelang und wo er sich verdribbelt hat, ist spannend Am 25. April 2022 wäre das Fußball-Genie Cruyff, dessen Name eng mit Ajax Amsterdam aber auch mit dem FC Barcelona verbunden ist, 75 Jahre alt geworden, doch gut sechs Jahre vorher starb der Mann, der durchs Rauchen versuchte, Nervosität zu vermeiden, an Lungenkrebs gestorben.

"Immer geradeheraus"
Über mehr als dreieinhalb Jahrzehnte hat sich Jörg Dahlmann als Fußball-Kommentator im Fernsehen einen Namen gemacht. Im Internet geriet der gebürtige Gelsenkirchner dann als Sky-Mann unter Sexismus- und Rassismus-Verdacht und wurde gefeuert. Ob die Karriere damit beendet ist, muss sich noch zeugen, in jedem Fall hat Dahlmann nach dem Rausschmiss schonmal eine Rückschau auf seine Karriere und sein bisheriges Leben verfasst.

"Der Maestro Roger Federer"
Jeder kann über Roger Federer staunen, aber wohl kaum jemand diesen phänomenalen Tennisspieler und weltweiten Botschafter seiner Heimat erklären. Journalist Christopher Clarey allerdings hat Federers Karriere durchweg begleitet und seine Reise an die Spitze des Sports nun akribisch rekonstruiert. In seinem Buch geht es nicht um einen Star und Promi, höchstens um den Weg eines talentierten jungen Menschen zu einem globalen Star. Als US-Amerikaner interessiert sich Clarey ("The New York Times", "Global Herald Tribune") vor allem für die internationalen Einflüsse auf Federer - und dafür wie der auch als Weltbürger das speziell Schweizerische in sich bewahrt.

"Kämpfen. Siegen. Leben."
Nach dem überraschenden DFB-Pokalsieg 2018 hat Eintracht Frankfurt über die Europa League international für Aufsehen gesorgt. Marco Russ hat das zum Ende seiner Karriere mitbekommen, er kann aber hauptsächlich von schwierigeren Zeiten erzählen. Die härteste Herausforderung für den kantigen Verteidiger war allerdings die Diagnose Hodenkrebs. Über Triumphe und Tiefschläge erzählt Russ in seinem Buch ""Kämpfen. Siegen. Leben."

„Respekt ist alles"
Auf dem Fußballfeld ist Deniz Aytekin nicht zu übersehen. Der groß gewachsene Schiedsrichter aus der Nähe von Nürnberg gehört zu den erfahrenen der Bundesliga und hat es sogar auf die Fifa-Liste geschafft. Seine Erfahrungen will er gerne als Redner weitergeben - so wie es etwa bereits Babak Rafati oder der auch als langjähriger ZDF-Experte bekannte Urs Meier bereits machen. Nun gegen Ende der Laufbahn und mit dem Blick auf eine Karriere nach der Schiri-Karriere ein Buch zu präsentieren, ist strategisch sicher eine sinnvolle Maßnahme. Doch man muss kein Unternehmer, kein Funktionär und kein Spielleiter haben, um an "Respekt ist alles - was auf und neben dem Platz zählt" Freude zu haben. Schiri Aytekin gewährt interessante Einblicke und beurteilt das eigene Handeln im Rückblick immer wieder kritisch, wodurch deutlich wird, dass sein Hobby, das zum Nebenerwerb wurde, einen hohen Einsatz erforderte.

"Hanning. Macht. Handball"
Zum Ende seiner insgesamt acht Jahre als Vize-Präsident des Deutschen-Handball-Bunds wirft Bob Hanning einen Blick zurück. Ausgehend von den Anfängen, erst als Torhüter und dann als junger Trainer, beschreibt er seinen Weg hin zum Handball-Macher auf großer Bühne. Dass er zuweilen eigenwillig ist und eine ganz eigene Sicht der Dinge hat, ist nicht allzu überraschend. Ein wenig verblüfft ist vielleicht eher der, der erwartet, dass Hanning hier den ihm durchweg attestierten Egoismus und Narzissmus knallhart in den Vordergrund stellt. Es mag vor allem der Zusammenarbeit mit Christoph Stukenbrock vom Sport-Informations-Dienst geschuldet sein, dass Ich-Ich-Ich nicht zu dominant und störend wird.

"Von Schumacher bis Schumacher"
Über seinen Sender RTL wurde Kai Ebel dank der großen Zeit von Michael Schumacher zum Reporter-Gesicht der Formel 1. Nach eigener Aussage betrachte sich Ebel jedoch auch nach Jahrzehnten nicht als Motorsport-Experten: In seiner Buch-Rückschau charakterisiert er sich als einen Journalisten, einen der sich treu bleibt, im Dienste von Publikum und Auftraggeber aber eben dahingeht, wo es etwas für ihn zu tun gibt. Dass Unterhaltung eine große Rolle spielt, ist für Ebel keine Frage, aber auch kein Grund, die Aufgabe nicht ernsthaft und mit Eifer anzugehen. Die Persönlichkeit von Ebel, der sich als Interviewer auch wegen extravaganter Kleidung einen Namen machte, steht in seinem Buch über die Königsklasse nicht im Mittelpunkt: Mehr geht es um die Fahrer der schillernden Vollgas-Welt - vor allem um die Schumachers, also den 2013 beim Skifahren schwer verunglückten Rekord-Weltmeister Michael Schumacher und um seinen Sohn Mick, bei dem die Rennen nun weitgehend nur im Bezahlsender Sky laufen. Ebels Buch erscheint im November 2021.

"Fussball"
Mit William Lai hat ausgerechnet ein Schiedsrichter und Wissenschaftler zusammengestellt, mit welchen Mitteln Fußballer weltweit die Grenzen des Fairplay ausreizen.

"Badminton"
Badminton ist viel mehr als einen Federball hin- und her zuspielen. Das ist mit Sicherheit der Autorin Dr. Claudia Pauli. Ernst aber ohne groß für Unterhaltung zu sorgen, stellt sie die Sportart auf 174 Seiten in vielen Kapiteln vor.

"Basketball"
Weltweit ist Basketball eine der großen Sportarten. Von der Begeisterung junger Fans für die nordamerikanische NBA lebt sie gerade in Deutschland. Als nationaler Held ist Dirk Nowitzki 2019 abgetreten. Die Zeichen für einen großen Basketball-Boom stehen nicht günstig, doch Diplom-Sportwissenschaftler Sebastian Finis gibt alles, um die Begeisterung bei denen, die sich dem Sport bereits nicht entziehen können, noch anzufachen. Dezente kritische Anmerkungen liefert der Autor trotzdem.

"Darts"
Ein Überblick über die Entwicklung eines Trendsports mit Pfeilen und Scheibe - von Jürgen Schmitz und Bernd Molkenthin

"Erfolgsstory NBA"
Ein Titel, der verheißungsvoll klingt, garantiert kein lesenswertes Buch.
