MENSCHENSKINDER
Über den Feldern von Punarbas im Südwesten von Nepal geht die Sonne auf. In einem Häuschen aus roten Ziegeln und Blechdach beginnt der Alltag: Der elfjährige Resham, sein kleiner Bruder Arjun und seine Mutter Parwati stehen auf und waschen sich – nicht am Wasserhahn, sondern an einer Pumpe im Freien. Die kleine Familie frühstückt Reis mit Linsen. Dann ziehen die drei ihre blauen Schuluniformen an und machen sich auf den Weg zum Unterricht. Ja, richtig gelesen: alle drei! Arjun geht mit seinen sieben Jahren in die Grundschule – Resham und seine Mutter besuchen die gleiche weiterführende Schule. Mit 15 Jahren hatte Parwati die Schule einst verlassen, wie so viele Mädchen und junge Frauen in Nepal, die früh heiraten oder ihre Familie bei der Arbeit unterstützen müssen. Doch nun möchte die 27-Jährige den Unterricht nachholen und sich weiterbilden. Resham findet den Schulbesuch im Doppelpack ganz und gar nicht peinlich – im Gegenteil: „Es macht Spaß, mit ihr zusammen zu gehen. Auf dem Schulweg können wir plaudern“, sagt er. Außerdem sitzen die beiden ja nicht im selben Raum: Resham ist eine Klassenstufe unter seiner Mutter. 20 Minuten laufen sie bis zum Schulgebäude. Dann teilen sie sich auf und sehen sich spätestens in der Mittagspause wieder. Nachmittags haben sie dann aber doch noch zusammen Unterricht: Die zwei schlüpfen aus ihren Schuluniformen, schwingen sich aufs Fahrrad und radeln zu einem Computerkurs, den sie beide belegen. Zu Hause gibt es danach auch noch reichlich zu tun: Resham übernimmt das Füttern der Ziegen, hilft bei der Feldarbeit und beim Kochen. Dann stehen auch noch Hausaufgaben an … Die Mutter und ihre beiden Söhne schlagen ihre Hefte auf, machen sich an die Aufgaben und packen am Abend müde ihre Sachen zusammen – für den nächsten Schultag.