MENSCHENSKINDER
Uche hat die Hosen an. Ja tatsächlich: gleich zwei. Und das, obwohl es draußen brütend heiß ist. Die Sommerhitze flimmert über ein Feld in Zürich in der Schweiz. Hier findet heute ein Wettbewerb im Schwingen statt – einem Schweizer Nationalsport, der bis ins 13. Jahrhundert zurückreicht. Mit geschickten Handgriffen versuchen die Gegner dabei, sich gegenseitig aufs Kreuz zu legen. Ausgetragen werden die Kämpfe in Sägemehl-Ringen mit bis zu 14 Metern Durchmesser. Und es gehört eben die typische Sportkleidung dazu: Nachdem Uche am Wettkampfplatz angekommen ist, streift er eine Zwilchhose über seine Jogginghose und zurrt sie mit einem Ledergürtel fest. An den Shorts aus Leinen oder Baumwolle setzen Schwinger ihre Griffe an. Eine Hand muss im Duell immer in die Hose des Gegners gekrallt sein, weshalb Schwingen auch „Hosenlupf“ genannt wird. Uche trainiert erst seit zwei Monaten in einem Club. Allerdings kennt er eine ähnliche Sportart aus Nigeria, wo er zuletzt gelebt hat. Mit seinen neun Jahren gehört er zu den jüngsten Teilnehmern. Insgesamt tritt er heute gegen sechs andere Jungen an, jeder Kampf dauert vier Minuten. In der Zeit zerren, drücken, schleudern und wälzen sich die Schwinger umher. Wer zuerst mit dem Rücken oder beiden Schulterblättern den Boden berührt, hat verloren. Nach dem Duell sehen sie aus wie paniert, und der Sieger klopft dem Verlierer das Sägemehl vom Rücken. „Das gehört dazu und ist ein Zeichen von Respekt“, erklärt Uche. Am Ende des Tages hat er viermal gewonnen, einmal verloren und einmal unentschieden geschwungen. Ein tolles Ergebnis! Als Drittbester seiner Altersklasse bekommt Uche eine große goldfarbene Glocke überreicht – die hat er sich wortwörtlich hart erkämpft.